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Kürzlich wurde ich von einer potentiellen Mandantin, die etwas mehr als 300.000 EUR in ETFs angelegt hat, gefragt, ob ich die von mir gemanagten Investmentfonds-Portfolios eher als “aktiv” oder “passiv” beschreiben würde. Und dann stand ich vor dieser attraktiven Frau mit ihrer binären Frage und überlegte nicht schlecht. Freude über ihre Frage stieg in mir auf und ich begann mit meinen Ausführungen, die zur wahrscheinlich wichtigsten Geldanlage-Erkenntnis meiner späteren Mandantin führte.

“Um zu verstehen, warum die Anlage in ETFs keinen Sinn macht, dürfen wir nicht binär zwischen aktiv und passiv unterscheiden. Wir sollten die Anlagephilosophie von ihrer Umsetzung getrennt betrachten. Dann erkennen wir, dass es Mischformen zwischen “aktiv” und “passiv” gibt. Mein evidenzbasierter, systematischer Ansatz kombiniert eine passive Anlagephilosophie mit einer aktiven Umsetzung. Und für Ihren zukünftigen Anlageerfolg ist diese Differenzierung entscheidend”, sagte ich ihr.

Bezogen auf die Anlagephilosophie definiere ich “aktiv” als “Gegen den Markt wetten” und “passiv” als “Auf die Intelligenz der Märkte setzen”.

“Studien belegen, dass traditionelles aktives Fondsmanagement – eine selektive Wertpapierauswahl und Markt-Timing – nicht funktioniert. Die finanzwissenschaftliche Forschung belegt die These, dass Wertpapiere auf Basis aller bekannten Informationen und der Erwartungshaltung der Gesamtheit aller Marktteilnehmer stets fair bewertet sind. Wenn das so ist, dann ist jegliche Prognose über die zukünftige Wertentwicklung eines Unternehmens, eines Landes, einer Region, einer Branche reine Spekulation.”

Dann wiederholte ich das zuletzt gesagte, weil es so wichtig ist: “Eine selektive Wertpapierauswahl, Markt-Timing, funktioniert nicht. Wertpapiere sind auf Basis aller bekannten Informationen und der Erwartungshaltung aller Marktteilnehmer stets fair bewertet. Prognosen über die Wertentwicklung eines börsennotierten Unternehmens, eines Landes, einer Region, einer Branche sind reine Spekulation. Wer das nicht versteht und Geld anlegt, der investiert nicht, der spekuliert! Und mit Ihrem Vermögen sollten Sie nicht spekulieren. Sie sollten es sinnvoll investieren!”

“Wenn Sie also anerkennen, das aktives Fondsmanagement nicht funktioniert, reine Spekulation ist, dann sollte es Sie nicht verwundern, dass aktives Fondsmanagement regelmäßig die Benchmark nicht übertrifft. Die Entwicklung von Exchange Traded Funds (ETFs) bzw. Indexfonds, in die Sie Ihr Geld bislang angelegt haben, kann sogar als das Eingeständnis der Branche zur Effizienz der Märkte, also zur passiven Anlagephilosophie, verstanden werden.”

ETFs sind das Eingeständnis der Branche, dass aktives Fondsmanagement nicht funktioniert.

“Ich halte es aber für falsch, Indexfonds, ETFs den “passiven” Fonds zuordnen. Denn Indizes sind nicht statisch. Indexfonds werden regelmäßig angepasst. Nicht nur die Zusammenstellung der Indizes ändert sich ständig, auch deren Komponenten. Beim DAX® waren es die 30 deutschen Unternehmen, die den höchsten Wert an der Börse besaßen und deren Aktien am stärksten nachgefragt wurden. Heute ist der DAX®-Index das bekannteste deutsche Börsenbarometer und misst die Wertentwicklung der 40 größten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes. Er repräsentiert rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland. Gelegentlich kommt ein neues Unternehmen in den DAX® hinein, ein anderes Unternehmen fliegt raus. Positionen werden neu gewichtet. Oft werden Indizes auch so konstruiert, dass Fonds und ETFs sie möglichst leicht abbilden können. So begrenzen Anbieter  beispielsweise den Wertpapierumschlag und die Gewichtungsanpassungen oder legen Schwellenwerte für solche Anpassungen fest.”

Ich fragte meine attraktive ETF-Anlegerin: “Glauben Sie, dass diese Wechsel immer sinnvoll sind? Glauben Sie, dass diese Wechsel Ihrer Anlagestrategie dienen? Sind diese Änderungen Ihrer Rendite förderlich?”

Sie erkannte: “Nein. Wechsel dienen weder meiner Anlagestrategie, noch sind sie meiner Anlegerrendite förderlich. Für mich als Anlegerin sind sie meist nicht sinnvoll.”

Ich ergänzte: “Richtig! Weil der Markt effizient ist und er Änderungen der Indices längst antizipiert hat, verkaufen Ihre ETFs in fallende Kurse und kaufen in steigende Kurse hinein. Das ist für Sie keine gute Strategie! Denn das führt regelmäßig zu einem Performanceverlust gegenüber dem Index.”

“Stellen Sie sich vor: Der größte S&P 500 ETF war im Jahr 2021 mit 31 Milliarden US-Dollar täglichem Handelsvolumen das am meisten gehandelte Wertpapier in den USA. Das bedeutet: Anleger vermischen aktives und passives Management, indem Sie Indexfonds zur Umsetzung aktiver Strategien verwenden. Auch wenn ich es nicht verifiziert habe, vermute ich, dass ein hoher Anteil auf Änderungen der Asset-Allokation zurückgeht und nur ein kleiner Anteil auf den Ausbau von Buy-and-Hold-Positionen.”

Weiter führte ich aus: “Kennen Sie die Studie von Prof. Dr. Steffen Meyer (University of University of Southern Denmark) in der er feststellt, dass Privatanleger, die aktiv mit ETFs handeln, mit ETFs zwar unnötige Produktkosten reduzieren, im Ergebnis aber mit ETFs noch schlechter abschneiden als “aktive” Fondsmanager? Gründe für das schlechte Abschneiden der ETF-Anleger sind das eigene Fehlverhalten, die Spekulationen über die Entwicklung der Märkte sowie das Markt-Timing.”

Unterscheidung zwischen Umsetzung und Anlagephilosophie

“Daher möchte ich bei der Klassifizierung nicht binär zwischen “aktiv” und “passiv” unterscheiden, sondern zwischen Philosophie und Umsetzung unterscheiden. Manche Anlagestrategien erscheinen als rein aktiv oder passiv. Doch manche haben auch etwas von beidem. So verstehe ich meine Anlagestrategie als eine passive Anlagephilosophie (prognosefrei) und aktiver Umsetzung (Übergewichtung der evidenten Quellen höher zu erwartender Renditen gegenüber dem Index). Als aktiv bezeichne ich also diejenigen Strategien, die auf Wertpapierauswahl und Markt-Timing setzen. Diese Strategien beruhen auf einer aktiven Philosophie, die implizit davon ausgeht, dass Fondsmanager falsch bewertete Wertpapiere oder Marktsegmente identifizieren können. Diese Philosophie wird in einer aktiven Struktur umgesetzt, die vom Markt abweicht und nach Potenzial durch Fehlbewertungen sucht.

Diversifizierte Indexfonds erfüllen dagegen in beiden Dimensionen eher die Definition eines passiven Anlageinstruments. Indexfonds akzeptieren die Preissetzungsmacht der Märkte und gestehen damit ein, dass kaum jemand die Märkte langfristig „überlisten“ kann. Die Struktur diversifizierter Indexfonds bringt diese Überzeugung zum Ausdruck, denn Indexfonds investieren in der Regel in alle Komponenten eines Marktes oder einer Assetklasse und verzichten auf mögliche Mehrrenditen durch bewusste Abweichungen.”

“Wie könnten Sie es noch besser machen?” fragte ich Sie. Erwartungsgemäß blieb sie stumm. Doch dann lächelte sie und fragte mich: “Und, wie machen Sie es besser, Herr Schiffer?”

“Nun, es ist sehr einfach. Ich bin in Anlehnung an die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse von der Effizienz der Märkte überzeugt. Meine Philosophie ist insofern passiv gegenüber der weltweiten Marktentwicklung. Die Umsetzung meiner Anlagestrategie bezeichne ich jedoch als aktiv, weil ich nicht an die Konstruktionsregeln eines Index gebunden bin. Ich strebe Mehrrenditen gegenüber den Märkten an, ohne den Versuch zu machen, sie zu überlisten. In den von mir gemanagten Investmentfondsportfolios sind über 11.000 Einzelwerte enthalten. Ich stelle verschiedene Anlageklassenfonds so zusammen, dass die von der Wissenschaft anerkannten Quellen höher zu erwartender Renditen übergewichtet sind. Die anerkannten Quellen höher zu erwartender Renditen gegenüber der weltweiten Marktkapitalisierung sind kleinere Unternehmen (Small-Caps), unterbewertete Unternehmen (Value-Werte) und profitable Unternehmen. Indem ich in einem weltweiten Marktportfolio die Übergewichtung dieser Kriterien umsetze, ist es wahrscheinlich, dass Sie langfristig gegenüber der globalen Marktentwicklung eine bessere Rendite erreichen. Je nach Ihrer individuellen Risikoneigung und Ihrer geplanten Anlagedauer müssen wir jetzt nur noch Ihren Aktien-/Anleihen-Anteil individuell einstellen.”

Sie lächelte noch immer und sagte zu mir: “Herr Schiffer, auch wenn ich nicht alles bis ins kleinste Detail verstehe, Sie scheinen einen funktionierenden Plan zu haben, wie Sie das Geld Ihrer Mandanten erfolgreicher investieren können, als die meisten anderen Berater. Bitte lösen Sie meine ETFs auf und setzen Sie Ihre Anlagephilosophie für mich um.”